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 Betreff des Beitrags: Westafrika Teil IV: von Anderamboukane nach Timbuktu
BeitragVerfasst: 23.01.2008 21:48 
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Registriert: 24.01.2005 11:28
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Hallo und herzlich willkommen zu Teil IV vom Westafrikabericht :D

den Teil III gibt es hier.


In Teil IV geht es von Anderamboukane (Grenze Niger/Mali) nach Ansongo und entlang vom Nigerfluß nach Gao. Von dort geht es über die schwierigen Nordroute weiter ins sagenumwobene Timbuktu (ja, das gibt es wirklich und es liegt in Mali ;-) )

Hier der aktuelle Streckenabschnitt in grün:

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Ziemlich viel Text diesmal – ein schlimmes Erlebnis, von dem mein Psychater sagt, dass ich es mir von der Seele schreiben muß ;-)


In Mali geht es erstmal auf guter Wellblechpiste weiter.

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(rechts ein malisches Bushäuschen ;-) )

Wellblech fährt sich ungefähr so, wie (abgesenkte) Bordsteine im 30-50cm Abstand ;-) Entweder man schleicht mit weniger als 30km/h dahin –ein furchtbares dadonk dadonk dadonk - oder man traut sich und „überfliegt“ das Wellblech quasi. Ab ca. 80km/h (je nach Fahrwerk und Piste) hört das Geschüttel auf, weil die Reifen nur noch von Kuppe zu Kuppe fliegen. Mit modernen Auto- und Motorradfahrwerken ist diese überfliegende Fahrweise halb so wild, man sollte allerdings sehr vorausschauend fahren, weil der Bremsweg wirklich jenseits von gut und böse liegt ;-)

Wie ich also so friedlich vor mich hin überfliege, stelle ich plötzlich fest, dass mein GPS keinen Satellitenkontakt mehr hat. Es ist ein Uraltgerät (Garmin GPS 45XL) von 1996 das aber bisher tadellos funktioniert hat. Ich fange an, im Setup rumzuspielen, irgendwo konnte man da zwischen verschiedenen Initialisierungsmodi wählen …Damit ich das kleine Display besser ablesen kann und um die kleinen Knöpfchen besser zu treffen, gebe ich noch ein wenig mehr Gas: umso schneller, umso ruhiger. Mit 110 -120km/h fliege ich dahin und starre gebannt auf mein GPS. Das kann natürlich nicht lange gut gehen. Tut es auch nicht ;-) Die Piste verläuft leicht erhöht auf einem Damm und als ich zur Abwechslung mal wieder nach vorne schaue, muß ich zu meinem Entsetzen feststellen, dass dort der Damm auf einer Länge von vielleicht 20m komplett weggespült worden ist. Der Gegenhang lockt mit einer fiesen, 60cm hohen Abbruchkante. Obwohl es noch gute 150m sind, wird mir sofort klar: Diesmal reicht es nicht! Als Mann bin ich mit mehr als einer Sache gleichzeitig überfordert, deshalb haue ich die Bremse hinten voll rein und konzentriere mich lieber auf Vorne. Wegen dem blockierenden Hinterrad fängt das Motorrad ziemlich zu schwänzeln an, lässt sich aber kontrollieren. Möglichst lange hinten bremsen, aber rechtzeitig aufmachen, damit ich möglichst gerade vom Damm in den weichen Sand springe, vielleicht kann ich da ja vor dem Gegenhang noch ein bisschen verzögern. Leider macht mir auf den letzten Metern doch noch die Physik einen Strich durch die Rechnung: Ich löse die Hinterradbremse zu spät und verlasse festen Boden genau in dem Moment, als das Heck gerade heftig nach rechts ausbricht. He, wer hat den Ton ausgemacht?! Und warum läuft auf einmal alles so langsam ab?! 90 Grad quer zur Fahrtrichtung fliege ich durch die Luft, versuche das Mopped nach links zu lehnen, damit es mich beim Aufkommen nicht nach rechts überschlägt. Rumms! Das tut weh! Vorsichtig ziehe ich meinen Fuß unter dem Motorrad raus. Es tut zwar weh, hatte ich aber schon schlimmer. Am Morgen hatte ich mir noch vorgenommen, die nächste Tour in Bundeswehrstiefeln zu fahren und nicht in den unbequemen Cross-Stiefeln. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dann die Reise hier mit gebrochenem Knöchel zu Ende gewesen wäre.

Zitternd wie Espenlaub stelle ich das Motorrad auf den Hauptständer um den Schaden zu begutachten. Die Riemen von den Packtaschen sind abgerissen und die Ecke vom Tank ist stark angekratzt. Vorsorglich hatte ich dort ein Kohlefaserpad zum Schutz angeklebt, das auch ganze Arbeit geleistet hat. Eine große Sorge bei der LC4 Adventure gilt dem exponierten Benzinhahn, der bricht gerne mal – diesmal zum Glück nicht.

Obwohl … bei genauem Hinsehen stelle ich fest, dass die Nase abgebrochen ist – Schwein gehabt. ;-)

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Sonst scheint alles in Ordnung zu sein. Der Lenker ist ein bisschen in den Aufnahmen verdreht, lässt sich aber Problemlos zurückdrücken. Und auch das Heck zeigt noch nach hinten und nicht irgendwie komisch zur Seite. Wahnsinn … äh … KTM halt 8)

Noch ziemlich aufgeregt renne ich herum, um das Ganze zu fotografieren, finde in meiner Hektik aber keine Perspektive, in der man alles sieht.

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Stephan schließt auf, wir machen noch ein kurzes Päuschen für die Nerven und dann geht’s weiter. Ziemlich kleinlaut bitte ich Stephan, jetzt erstmal vorzufahren :oops:


Unterwegs sind etliche große Termitenbauten zu sehen.

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Um die Bauten ist meistens alles kahl gefressen – sind die Biester deswegen weitergezogen? Weit und breit ist nämlich keine einzige Termite zu sehen, dabei hatte ich mich doch so gefreut! Oder machen die etwa alle Mittagspause?! ;-)

Der nächste größere Ort ist Menaka, dort müssen wir uns noch beim Chef de Brigade melden und uns sein OK für die Einreise holen. Vor vielen öffentlichen Gebäuden steht jemand und hält eine Kanne Tee am köcheln, damit der Chef seine Gäste stets auf ein Gläschen einladen kann. Die Gläser werden nach Benutzung nicht gespült, sodass man immer noch den Schaum vom Vorgänger drin hat. Naja, es gibt Schlimmeres ;-)

Neben den Formalitäten müssen wir auch dringend unsere Sprit- und Wasservorräte ergänzen. „Echte“ Tankstellen gibt es eigentlich nur in den größeren Städten, überall sonst wird aus Fässern getankt. Wir sagen, wie viel wir ungefähr brauchen und dann geht das große Gemische los.
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Hmm, nicht gerade vertrauenerweckend … auch die Tatsache, dass der Tankwart zwischendrin immer wieder nachfragt „Gasoil ou Essence“? (Benzin oder Diesel?). Letztendlich wird wahrscheinlich eine gesunde Mischung aus beidem in unseren Tanks landen ;-)

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Einen Trichter habe ich auf der ganzen Tour nicht gesehen, getankt wird immer mit einem Schlauch, der Sprit wird mit dem Mund angesaugt. An dem Jungen im Vordergrund erkennt man ganz gut den Unterschied zwischen den „weißen“ Arabern und den Schwarzafrikanern. Gerade deswegen ist der Sahel kulturell so interessant: im Norden stark arabisch und damit muslimisch geprägt, im Süden Schwarzafrika wo es eben etwas … sagen wir mal … „weltlicher“ zugeht ;-)
Leider ist diese ethnische und kulturelle Zweiteilung auch Anlaß für viele blutige Bürgerkriege, wie aktuell im Sudan oder im Tschad. Dort rebelliert die Schwarze Mehrheit der Bevölkerung gegen ihre ehemaligen Sklavenherrscher, die Arabische Führungselite.

Nach dem Tanken fragen wir noch nach Wasser, was zu großer Diskussion unter den umstehenden jungen Leuten führt. Vermutlich sehen sie ihre Chance gekommen, auch ein bisschen Geld mit uns zu verdienen. In der Nähe sitzt würdevoll in seinem Hauseingang ein alter Patron, der plötzlich wütend aufspringt und die Jungen fortscheucht. Freundlich bietet er uns an, bei ihm im Hof unsere Wassersäcke zu füllen. Arabische Gastfreundschaft: Eins – Profitgier: Null ;-) Aber man kann den Menschen nicht böse sein, die meisten haben keine Arbeit und sind bitterarm. Klar versuchen die’s wo sie nur können…

Weiter geht’s auf der Wellblechpiste Richtung Ansongo, bis ich plötzlich merke, dass irgendwas nicht stimmt. Vorsichtig rolle ich aus und schon deutet die schwergängige Lenkung auf einen Platten hin. Wegen der großen Staubentwicklung fahren wir mit 5-10 Minuten Abstand, Stephan immer noch vorne. Bis er merkt, dass ich fehle und dann zurückkommt wird es bestimmt eine halbe Stunde dauern. Meinen Reifen kann ich auch alleine wechseln, doof ist nur, dass wir die Ausrüstung ziemlich brüderlich geteilt haben und Stephan das zweite Montiereisen hat ;-)


Die Sonne ist fast weg und ich habe keine Lust zu warten, das muß doch auch mit einem Montiereisen gehen! Und es geht tatsächlich, sogar beim Michelin Desert, und mit Reifenhaltern ;-)

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Ein eisenharter Akazienstachel ist der Übeltäter. Dadurch, dass ich mit dem Plattfuß ausgerollt bin, hat der Stachel auch die Gegenseite vom Schlauch zig Mal durchstochen. Auf eine größere Flickaktion im Dunkeln habe ich keine Lust und deswegen kommt erstmal der Ersatzschlauch rein. Wir fahren noch 200m tiefer in den Busch und hauen uns auf’s Ohr. Ziemlich viel zu verarbeiten, für einen Tag ;-)

Am nächsten Tag erreichen wir problemlos Ansongo und damit den Nigerfluß. Nach einigen Tausend Kilometern Sand und Trockensavanne bin ich von soviel Wasser total überwältigt.

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Wasser ist nicht nur hier die Quelle des Lebens und so spielen sich auf 50m Uferlinie dramatische Szenen ab ;-) Da werden Autos, Wäsche, Menschen und Lebensmittel gewaschen, Trinkwasser geschöpft und natürlich das kleine und das große Geschäft verrichtet ;-)

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Wenn Mama die Klamotten wäscht, laufen die Jungs schon mal nackig rum. Zwar gibt’s noch nicht viel zum wegkucken, das nötige Selbstvertrauen für später haben sie aber schon: „Monsieur, Monsieur! Foto, Foto!“ ;-)

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Die letzten Ziegeninnereien sind schon ein Weilchen her und es ist mal wieder Zeit, unsere Mägen zu testen ;-) Diesmal mit Capitaine, einem Nigerfisch, gekocht in Nigerwasser.

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Naja, für mich ist es ein toter Fisch wie jeder andere auch, zum Glück halten sich die Gräten in Grenzen. Schmeckt eigentlich sogar ganz gut. So ein Essen kostet hier ca. 1,5 bis 2 Euro. Für die Einheimischen bestimmt nur die Hälfte, aber in so einem armen Land macht Geldausgeben echt Spaß, wenn man weiß, dass es direkt bei den Menschen ankommt und nicht sofort an einen ausländischen Investor zurückwandert.

Die nächsten 100km bis Gao läuft die Piste am Fluß entlang und bietet einige traumhafte Ausblicke.

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Soll ich oder soll ich euch nicht sagen, dass die ganzen dunklen „Steine“ in Wirklichkeit Eselscheiße ist? ;-)

Apropos Sch*** ;-) Wie wir so weiterfahren, steht plötzlich eine verlassene Yamaha DT125 am Pistenrand. Ich halte an, um zu schauen ob alles in Ordnung ist, da kommt plötzlich freudig winkend ein total überdrehte Mann hinter einem Busch hervor, schüttelt mir lachend die Hand, bittet um Entschuldigung, wir müssen später reden, er ist grad am Kacken. :shock: Wie ein Wirbelwind springt er wieder hinter seinen Busch. … Ach so … na dann … hoffentlich stimmt es, dass man sich hierzulande nur mit der linken Hand den Popo säubert ;-)
Bis Stephan aufschließt ist auch der freundliche Kacker fertig und stellt sich als Sergeant der Polizei vor, auf dem Weg nach Gao. Nach der Aktion gerade eben eine echte Respektsperson für mich ;-)
Er schlägt vor, dass wir zusammen weiterfahren, und so machen wir es auch.

Kurz vor Gao treffen wir auf ein Mopped, das wegen Spritmangel liegen geblieben ist. Gerne geben wir ihnen 1-2 Liter ab, im Gegenzug erklären sich die beiden Moppedfahrer bereit, uns zum Campingplatz Tizi-Mizi zu führen, wo wir uns mit Gerald wiedertreffen möchten.
Es herrschen mindestens 35° im Schatten, ich fahre nur im Cross-Shirt und mir ist trotzdem bollenheiß. Die beiden Moppedfahrer aber sind eingemummelt wie für eine Alaskaexpedition, schniefen und schlottern und beklagen sich bitter über die Kälte! Der Fahrer (Mitte) trägt sogar dicke Fäustlinge :shock: Rechts übrigens der Kacker – `tschuldigung, ich meine natürlich: der Sergeant ;-)

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Auf dem Camping Tizi-Mizi ist die Freude groß, als wir Geralds GS entdecken. Es hat tatsächlich geklappt, wir haben uns wiedergefunden. Und das sogar ganz ohne Handy ;-)
Natürlich wird sofort ausführlich über das Erlebte erzählt. Echt der Wahnsinn, vieviele Heldentaten jeder von uns in den nur 2 Tagen vollbracht hat ;-)

Hier übrigens die Sanitäten Anlagen (Dusche + Klo) vom Camping Tizi-Mizi ;-)

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Gerald hat sich nach den Strapazen ein bisschen Luxus gegönnt und sich einen Bungalow gemietet. Dort gibt es sogar eine echte Dusche, die Stephan und ich dankend in Anspruch nehmen.

Zieh dich aus und leg dich hin - ich muß mit dir reden ;-)

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An der KTM sind ein paar Wartungsarbeiten fällig. Unter anderem muß der Kettensatz getauscht werden. Einerseits bin ich froh, dass ich das Gewicht vom bisher mitgeschleppten Ersatz jetzt loswerde, andererseits hatte ich damit gerechnet, dass der beim Start schon angefahrene Kettensatz noch etwas länger hält. Es ist noch ein weiter Weg …
Dummerweise habe ich mich irgendwie bei der Kettenlänge verzählt und muß die neue Kette jetzt um 2 Glieder kürzen. Der Sportkettentrenner von KTM-Sommer funktioniert einwandfrei, allerdings dauert es eine ganze Weile, bis ich die Nietköpfe weit genug abgefeilt habe. Hätte ich statt der DID-Kette vielleicht doch lieber eine von Regina nehmen sollen? Die hätte sich bei einem bösen Blick von selber getrennt ;-)

Wir beschließen, Tombouctou über die berüchtigte Nordroute, also entlang der Nordseite vom Nigerfluß, zu versuchen. Diese Route gilt als fahrerisch sehr anspruchsvoll und wird im Reiseführer als unsicher beschrieben. Die Sahara nördlich von Toumbouctou stellt einen rechtsfreien Raum dar, dorthin wurden 2003 die in Algerien entführten Geiseln verschleppt. Unterwegs hat man uns aber immer wieder versichert, dass die Nigernordroute sicher ist. Nur vor den Adrar des Iforhas raten selbst die Einheimischen ab, aber die liegen deutlich nördlich von unserer Route.

Die Polizei von Gao gilt als äußerst korrupt, und tatsächlich haben wir beim Verlassen der Stadt zum ersten Mal „echte“ Schwierigkeiten mit dem obligatorischen Kontrollposten. In so einer Situation verstehe ich aber auf einmal nur noch ganz wenig französisch, und nach einer ¾ Stunde wird den Polizisten das dauernde Geblätter im Wörterbuch endlich zu blöd und sie scheuchen uns davon, wir können auch ohne Cadeaux fahren ;-)

Die Piste ist eng, und sandig. Nach 50km sieht Gerald ein, dass er hier mit seiner schweren GS überfordert ist. Er will es lieber über die Hauptroute auf der Südseite vom Nigerfluß versuchen, wir verabreden uns für Tombouctou. Kurz nachdem wir uns getrennt haben kommt uns dieses Fahrzeug entgegen:

Auf dem altersschwachen Jeep fahren bestimmt 20-30 Personen mit. Naja, solange der Fahrer noch was sieht … ;-)

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Kurz vor Burem reißt mir dann der Gaszug. Ist das etwa ein Zeichen, nicht mehr so oft und so heftig am Kabel zu ziehen ;-)

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Das ganze passiert ausgerechnet direkt vor einem kleinen Dorf und inmitten von dem obligatorischen Volksauflauf habe ich keine Lust, mein Mopped abzurödeln. Deshalb tuckern wir mit hochgeschraubtem Standgas langsam in den Busch davon, bis wir auch den letzten Verfolger abgeschüttelt haben. Um die Reparatur mache ich mir zunächst keine Sorgen, schließlich habe ich ja das KTM-Sommer-Bowdenzug-Reparatur-Set dabei, da werden schon die passenden Nippel drin sein ;-) Blöd nur, dass ich das zu Hause nicht gecheckt habe, die Ersatznippel sind nämlich viel zu breit für die Führung von der Gasgriffhülse. Hm … na gut, die KTM hat einen desmodromischen Gaszug, dann hänge ich halt einfach den Schließer als Öffner ein. Das gibt’s doch gar nicht! Der Schließerzug ist dazu ganze 2mm zu kurz, da ist nichts zu machen! Doooooooh, so ein Scheißendreck, echte Rädy to Räce Arbeit halt! Der Einstellmechanismus würde das locker verkraftet, selbst wenn der Schließer 10mm länger wäre. Später und wieder zu Hause sollte ich auch den Grund für diese bewusste Inkompatibilität erfahren: 55 Euro ruft man bei KTM für den Original-Gaszug auf :shock: An dieser Stelle sollte man vielleicht erwähnen, dass KTM der profitabelste Moppedhersteller der Welt ist – kein Witz :-/
Also gut, dann feile ich den Ersatznippel halt schmaler. Leider scheint der Nippel gehärtet zu sein. Normalerweise habe ich ja nichts gegen harte Nippel ;-) aber wenn man das kleine statt mit einem Schraubstock mit der Hand halten muß … Nach 1h tun mir die Finger verflucht weh und der Nippel passt immer noch nicht in die Führung. Da entdeckt Stephan in seinem Nippelset (gemeint ist natürlich das Reparaturset ;-) ) einen identischen Nippel aus Messing. Hallelulja, der ist in gefühlten nullkommanix passend gefeilt! Ein herrlicher Sonnenuntergang entschädigt anschließend für alle Mühen.

Am nächsten Tag erreichen wir Bourem, wo wir noch mal volltanken, danach wird’s einsam werden.

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Um die Dörfer rum existiert so ein dichtes Pistennetz, dass einem trotz GPS meistens nichts anderes übrig bleibt, als nach dem Weg zu fragen. Das kann manchmal ganz schön dauern: erstmal muß man jemand finden, der eine grobe Vorstellung hat, in welcher Richtung denn das erfragte Ziel liegen könnte … ja und anschließend muß man irgendwie wieder wegkommen. Der Weiße bin übrigens ich ;-)

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Am Anfang läuft die Piste noch am Fluß entlang und bietet teilweise traumhafte Ausblicke.

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Verdammt! Ich glaube durch die lange Enthaltsamkeit bin ich arbophil geworden! :shock:
Oder findet ihr nicht auch, dass der Baum eine klasse Figur und ein prächtiges Paar Möppse hat? ;-)


Jeden Tag eine gute Tat.

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Mitten im Nirgendwo treffen wir auf einen Sergeant der Polizei, der mit seinem Mopped liegen geblieben ist. Er hat einen Plattfuß - also sein Mopped hat einen Platten, meine ich natürlich ;-) und der gute Mann hat leider kein Werkzeug. Natürlich helfen wir gerne mit unserem Werkzeug aus. Der Sergeant scheint ein ziemlich herrischer Mensch zu sein, und so werden wir angeschnauzt mit „Klee douz!!!!!“ Klee Quatorze!!!!!“ (12er Schlüssel!!!, 14er Schlüssel!!!). Fehlt nur noch das „aber ZACK!!!“ ;-)
Wir sind gespannt, was da wohl an Schlauch zu Tage gefördert wird. Und wir werden nicht enttäuscht, das Ding hat mehr Flicken als Schlauch ;-)
Hier lerne ich auch eine ganz neue Flicktechnik kennen: Statt den Flicken auf den Schlauch zu drücken kann man auch erstmal kräftig mit dem Montiereisen drauf schlagen und anschließend kräftig drauf rumbeißen –kein Witz ;-)
Beim Montieren vom Reifen stellt sich der Sergeant allerdings so ungeschickt an, dass er mit den Montiereisen gleich 2 neue Löcher in den Schlauch zwickt. Die nächste Flickaktion (bis auf den Part mit dem Flickenbeissen ;-) ) übernehmen Stephan und ich. Anschließend laden wir den Sergeant noch zu unserem Sardinen-Brot-Mittagessen ein. Als wir aufbrechen wollen, fordert er sehr rüde meine Luftpumpe. Nein, mein Lieber, die brauche ich selber noch. Er deutet mit dem Kopf auf sein Mopped, würgt ein erstes Merci heraus und braust beleidigt davon. Hm, zum Glück hat dieser angenehme Mensch nicht beim letzten Polizeiposten auf uns gelauert, dass wäre sicher nicht lustig geworden …


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Anschließend wird die Piste echt hart, bzw. weich. Eine einzige, sandige Fahrspur windet sich zwischen den Büschen durch, die beiden Reifenspuren sind so tief, dass ich langsam verstehe, warum bei einem „guten“ Geländewagen das Achsgetriebe nicht in der Mitte sondern versetzt angebracht ist. Dutzende Kilometer fahren wir hochkonzentriert in einer einzigen Spurrille, nur ganz selten ist der Busch dünn genug, dass wir die Spur verlassen können. Immer wieder hängen dornige Äste in die Spur, denen wir nicht ausweichen können. Was oft aussieht, wie ein dünnes Ästchen, das sich schon allein vom Fahrtwind zur Seite biegt, entpuppt sich bei Körperkontakt oft als eisenharter Prügel. Aber: „pain is temporary – glory is forever!“ ;-)
Nach den ersten 50 km fallen wir in einen regelrechten Rausch und reißen das Gas ordentlich auf. Anfangs waren wir noch mit 40-50km/h unterwegs, mittlerweile ballern wir meoni-like mit 80-90 durch den Busch und nutzen die Spurrille als Anlieger. Der Busch wird etwas dünner, mittlerweile kommen wir in der Spurrille aber schneller voran als außerhalb. Gerade als ich mir denke, dass es jetzt genug ist, und wir einen Nachtplatz suchen sollten, lege ich mich doch noch ordentlich auf die Schnauze. Naja, das war irgendwie abzusehen ;-)
Die Nacht verbringen wir in einem Dünental neben der Strecke. Leider scheinen wir einen echten Kältegraben erwischt zu haben: Bisher war es nachts lediglich angenehm kühl, diesmal fällt das Thermometer aber auf 1° (tagsüber 36°)und wir entzünden das erste Lagerfeuer der Tour. Am nächsten Morgen müssen wir erstmal wieder die Düne rauf, die wir gestern so leichtsinnig runter sind. Ich hab da ja so meine Bedenken, aber wo Stephan mit seiner fetten BMW rauf kommt, darf doch eine KTM keine Probleme haben ;-)

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An diesem Tag kommt leider keiner von uns beiden mehr in „da flow“ ;-) und so eiern wir wie am Anfang mit 40-50km/h Tombouctou entgegen. Als wir dort ankommen sind wir wirklich fix und alle. In Anerkennung unserer Leistung verleihen wir uns gegenseitig das Touareg-Kreuz in Gold ;-)



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Im Hotel Bouctou steigen wir ab. Das Hotel ist wunderschön im Stil einer Karawanserei aus den Alten Zeiten von Tombouctou erbaut. Wie in den meisten Afrikanischen Hotels sind die Zimmerpreise absolut unangemessen, wie ebenfalls üblich kann man aber für „eine handvoll Euro“ im Innenhof zelten ;-)

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Nachdem wir uns ein bisschen ausgeruht haben, schlendern wir durch die Stadt und finden Gerald, der im Hotel „Tombouctou“ abgestiegen ist. Dort hatten wir uns ja auch verabredet, Stephan und mir war nicht klar, dass unser Hotel „Bouctou“ nicht Hotel „Tombouctou“ ist. Heute sind wir aber zu faul, um noch mal umzuziehen ;-)
Bevor wir uns das sagenhafte Tombouctou genauer anschauen, wollen wir erst versuchen, ob wir nicht ein Boot organisieren können, dass uns und unsere Moppeds auf dem Niger nach Mopti transportiert. Gerald hat schon ein paar Kontakte geknüpft und schnell ist jemand gefunden, der einen Bootsbesitzer „kennt“ ;-) Als Stift der Gruppe, ist es mal wieder meine Aufgabe, das Boot zu inspizieren und die Verhandlungen mit dem Kapitän anzuleihern. Also schwinge ich mich bei einem Jugendlichen hinten aufs Mopped, der mich die 10km zum Hafen fährt. Natürlich muß erstmal getankt werden und natürlich muß ich bezahlen ;-)

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Total geil so eine Mofafahrt! Bei meiner nächsten Afrikatour nehm ich auch nicht mehr die schwere KTM sondern lieber so einen kleinen Flitzer. Und so ein Schech ist auch viel bequemer als so ein blöder Helm ;-)
Im Hafen treffe ich Herrn Djienta und schaue mir sein Boot, die Kairawanie, an.

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Glaubt ihr, dass man damit 3 schwerbeladene Motorräder die 400 Flußkilometer nach Mopti transportieren kann? Ich auch nicht ;-)
Also sage ich mal vorsichtig: „… hm, … jaaaa… ok!“ ;-)
Bevor wir uns jedoch einig werden könne, will Herr Djienta erstmal unsere Motorräder und unser Gepäck sehen, also fahren wir zurück nach Tombouctou. Beim Anblick unserer Moppeds sagt Herr Djienta: „…hm … jaaaa …. ok!“ ;-)
Nach zähen Verhandlungen einigen wir uns auf einen Preis, und Herr Djienta besteht darauf, die Verhandlungsergebnisse schriftlich festzuhalten. In doppelter Ausfertigung versteht sich ;-)

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Bevor’s am nächsten Tag auf das Schiff geht, schauen wir uns aber erstmal das sagenumwobene Tombouctou an. Die Bewohner sind gerade dabei, Timbuktu im Stil des 16. Jahrhunderts wieder aufzubauen, einfach klasse!

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Vielleicht ein paar Worte zur Geschichte der Stadt:
Timbuktu war früher Endstation vieler Salzkarawanen. In der Stadt wurde das Salz aus den Tiefen der Sahara gegen Gold, Elfenbein und vor allem Sklaven getauscht. Seine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit hatte Timbuktu im 15. Jahrhundert, zu dem Zeitpunkt hatte die Universität über 20.000 Studenten. Im 16. Jahrhundert wurde die Stadt von den Marokkanern erobert, die Gelehrten wurden verschleppt und die Salzkarawanen haben sich neue Routen gesucht. Timbuktu verfiel und hat heute gerade mal 20.-25000 Einwohner. Der legendäre Ruf der Stadt hat sich aber noch lange gehalten. Im 19. Jahrhundert hatten die meisten Europäischen Mächte Kolonien in Afrika. Allerdings nur an der Küste, das Landesinnere war vollkommen unbekannt, ein weißer Fleck auf der Landkarte. Das ist eine Afrikakarte aus 1812.

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Immer wieder haben die Europäer Gerüchte vom sagenhaft reichen Timbuktu gehört und haben sich darunter ein El Dorado Afrikas vorgestellt. Die französische Société de Géographie hat sogar einen beträchtlichen Preis ausgelobt für den, der lebend von Timbuktu zurückkehren und darüber berichten könnte. Der erste Europäer, der (heute) nachweislich Timbuktu erreicht hat, war der Schotte Alexander Gordon Laing 1826. Wenn ich den Worten unseres jungen Stadtführers glauben darf, dann ist Laing tatsächlich in seinem roten Offiziersrock der Britischen Arme rumgelaufen ;-) Keine sonderlich kluge Entscheidung: 20 Jahre vorher war nämlich seine Kollege Mungo Park den Niger mit einem Boot hochgefahren und hat als echter Menschenfreund grundsätzlich erstmal auf jeden Einheimischen schießen lassen, der sich dem Boot nähern wollte. Vielleicht deswegen kam es zu Anfeindungen gegen Laing und er musste Timbuktu schnell wieder verlassen. Kurz darauf wurde er ermordet (manche sagen, von seinen eigenen Leuten) und seine Aufzeichnungen wurden gestohlen.
2 Jahre später betrat der Franzose René Caillé als Araber verkleidet die sagenumwobene Stadt, nachdem er zuvor ein Jahr lang in Mauretanien gelebt hatte, um die Sprache und die Kultur zu erlernen. Den Rückweg hat auch er fast nicht überlebt, von den Strapazen der Reise hat er sich nie wieder richtig erholt. Sein Bericht über Timbuktu fiel so enttäuschend aus, dass viele nicht glauben wollten, dass er die Stadt tatsächlich erreicht hat. Die Engländer in deren Auftrag Laing unterwegs gewesen war, kamen außerdem mit einer üblen Verschwörungstheorie auf, wonach die Franzosen die Ermordung Laings in die Wege geleitet haben sollten und Caillé sich lediglich dessen Tagebuch angeeignet haben sollte. Zuzutrauen wär’s den Franzosen ja *duckundweg* ;-)
Erst 25 Jahre später konnten die Berichte Caillé’s von dem Deutschen Heinrich Barth bestätigt werden. Timbuktu war und ist wirklich nur noch ein „Kaff in der Wüste“ ;-) Aber ein schönes Kaff ;-)

Das ist der Eingang zu einer weiterführenden Schule.

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Travail&Discipline steht am Tor, Arbeit und Disziplin :shock: Boah, das sollte man bei uns auch mal über den Haupteingang der Schulen schreiben: Schluß mit Kuschelpädagogik – ihr seht ja, was dadurch aus mir geworden ist :twisted:

In der Praxis ist es aber mit der Discipline nicht weit her …

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wo nehmen die Kinder nur immer diese Energie her? ;-)

Die Rue de Heinrich Barth:
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Wunderschöne Türbeschläge

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Der Eingang zur Bibliothek

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hier wird das leckere Weißbrot gebacken

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Heute ist Tabaski, das Islamische Opferfest. Die Leute haben ihre besten Sachen an und gehen zum gemeinsamen Gebet auf dem Platz vor der Mosche:

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(respektvoll aus der Hüfte geschossen)

Nach dem gemeinsamen Gebet gehen die Familien nach Hause und schlachten eine Ziege. In freudiger Erwartung bald knöcheltief im Blut zu waten streifen wir mit gezücktem Fotoapparat durch die Straßen ;-) Leider werden die Ziegen aber diskret im Hinterhof geschlachtet, das Blutbad bleibt aus :-(
Gerade als ich meinen Foto weggepackt habe, kommt ein kleiner, übereifriger Junge mit einer Art Sack in der Hand auf die Straße gerannt. Völlig gebannt von seiner Aufgabe, kippt er mir den Mageninhalt der Familienziege direkt vor die Füße ;-)

Jalousie Marocaine:

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Als die Marokkaner im 16. Jhd. die Stadt erobert haben, da war’s vorbei mit dem Lotterleben, zumindest für die Frauen. Die durften ohne männliche Familienbegleitung das Haus nicht mehr verlassen. Damit sie trotzdem ein bisschen am öffentlichen Leben teilnehmen konnten, hat man die Fenster vergittert, so konnten die Frauen aus dem Schatten beobachten, ohne selbst gesehen zu werden. Erinnert mich irgendwie an:
„Was ist, wenn eine Frau aus dem Kellerfenster kuckt?
- Kette zu lang“ :twisted: ;-)

Mit diesem Witzchen soll’s das erstmal gewesen sein ;-)
Im nächsten Teil erzähle ich euch, wie wir nach 2tägiger Bootsfahrt auf dem Niger schließlich Mopti, das Venedig Afrikas, erreichen. Der Spaß geht schon beim Verladen der Moppeds los, aber dazu später ;-)
Damit’s ein bisschen schneller geht, werde ich nicht mehr so viel schreiben - versprochen ;-)
Aber nachdem ich jetzt 2 Jahre nicht mehr in der Wüste war, kommen halt bei jedem Bild die Erinnerungen hoch *schluuuchz* ;-)

Gruß
Theo

EDIT: So, jetzt ist er fertig, der Teil V: http://forum.drz400s.de/portal/viewtopic.php?t=6750 ;-)

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