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 Betreff des Beitrags: Genesis eines Vorletzten - Auszüge aus dem Buch ...
BeitragVerfasst: 14.02.2008 18:50 
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Registriert: 05.08.2006 14:49
Beiträge: 752
Das erste freie Training wollte so gar nicht gefallen. Klaus kam mit den Schikanen auf den Geraden nicht zurecht, fand keine flüssige Linie und eierte regelrecht um den Kurs. Nichts klappte. Er haderte mal wieder mit sich selbst.
Beim zweiten freien Training entschloss er sich, entgegen seiner Angewohnheit, weit vorne im Fahrerfeld den Probestart durchzuführen. Normalerweise stellte Klaus sich hinten an und ließ das Feld fahren um sich dann hinten anzuhängen. Nun wollte er von möglichst weit vorne starten, eine neue Erfahrung machen, testen, was möglich war. Also drängelte er sich im Vorstart weit nach vorne und ging als sechster Fahrer auf den Kurs. Somit war er am Start in der zweiten Reihe, mitten im Getümmel. Der Starter gab auch ziemlich schnell den Probestart frei, Klaus kam gut weg und bog im Pulk in die erste Ecke ein. Ziemlich weit innen legte er die Maschine in die Kurve, stellte den Fuß auf, um eventuelle Rutscher abzufangen und zirkelte um die Kurve. Mitten in der Kurve zupfte etwas an seinem Fuß, Klaus richtete Rasmus auf und lenkte durch das gesamte Starterfeld hindurch geradeaus auf die Wiese. Er steuerte Rasmus Richtung Zaun, bremste ihn dort ab, stieg vorsichtig von der Maschine und lehnte sie gegen den Zaun. Dann legte er sich auf den Rücken und rief mit erhobener Hand nah dem Streckenposten.......
Als dieser dann kam, sagte Klaus zu ihm: „Ruf den Sani. Ich habe mir das Bein gebrochen!“
Auf die Gegenfrage, woher er das wisse, antwortete Klaus: „Ich weiß es, hol den Sani!“ Der Streckenposten sprach kurz in das Funkgerät, der Sani kam und das Training wurde für die anderen Fahrer unterbrochen. Rote Flagge.
Die Rettungswagenbesatzung war auch gleich zur Stelle, nach einem kurzen Dialog bekam Klaus eine Beruhigungsspritze und wurde auf die Trage verfrachtet und in den Rettungswagen geschoben. Dann fuhren sie mit ihm erst einmal von der Strecke herunter und hielten im Fahrerlager wieder an, um JU einsteigen zu lassen. Die musste dann aber erst einmal noch ein paar Sachen holen, die für einen Krankenhausbesuch unerlässlich waren. Zum Beispiel Zigaretten. Klaus wollte unbedingt rauchen, durfte im Rettungswagen aber nicht.
Während Ju die nötigen Papiere und Kleidungsstücke und Zigaretten holte, untersuchte die anwesende Notärztin, eine Gynäkologin, das linke Bein unseres Protagonisten. Der Stiefel war inzwischen ausgezogen, was Dank der Beruhigungsspritze, einer Schmerzmittelinjektion und Adrenalin im Überschuss nicht weiter schlimm war.
Endlich kam Ju, Klaus durfte aber immer noch nicht rauchen, die Sanitäter wollten gleich ins Krankenhaus starten. Dann eben nicht! Er wurde eingeladen, Ju stieg mit ein, die Türen wurden geschlossen und es ging los. Ju sagte:“ Ich hab zugesehen und gedacht: Der Fuß ist ab!“ Klaus hatte Rasmus geradeaus gelenkt, weil er spürte, dass der Fuß keine Verbindung mehr zum Bein hatte. Er hing irgendwie führerlos unten am Bein. Ohne Kontrolle, wie ein überflüssiges Anhängsel. Getrennt vom Körper. Klaus hatte keinen Schmerz empfunden und auch jetzt tat nichts weh, aber der Fuß war irgendwie nicht zum Körper gehörig. Autonom.
Am Krankenhaus angekommen, wurde Klaus ausgeladen und bat gleich darum, einen Boxenstopp einzulegen, damit er endlich eine Zigarette rauchen konnte. Die Sanitäter lehnten aber mit der Begründung ab, in der Notaufnahme warte man bereits auf ihn. Wieder nichts mit rauchen. Klaus fügte sich in sein Schicksal und ließ sich in die Notaufnahme karren. Dort warteten auch schon zwei Krankenschwestern auf ihn, die ihn zum Röntgen vorbereiten sollten. Das hieß, der Lederkombi musste runter. Der linke Unterschenkel war inzwischen stark angeschwollen, der Kombi saß dort unten noch enger als im Bauchbereich. Klaus schlug vor, das Bein vom Leder einfach aufzuschneiden, um den Kombi besser abstreifen zu können. Das lehnten die Schwestern kategorisch ab mit dem Hinweis, nachher würde dann eine Schadensersatzforderung an das Krankenhaus gestellt. Trotz aller Argumente, Beteuerungen und logischen Einwände, „Wenn Ihr an der Naht auftrennt, kann ich den wieder nähen lassen!“, ließen sich die gestrengen Damen nicht erweichen und zerrten das Lederkostüm mit vereinten Kräften von unserem Fahrer herunter. Klaus wurde bei der freundlichen Behandlung nur ganz kurz schwarz vor den Augen, ansonsten überstand er die Folter ohne Nachwirkungen. Vermutlich hatten die Schwestern noch einen lukrativen Nebenjob in einem finsteren Etablissement Namens „Sweet Pain“ und genossen dort einen sehr guten Ruf.
Nach der normalerweise ziemlich teuren Behandlung wurde Klaus zum Röntgen gefahren. Auf dem Weg dorthin kamen sie an der Pforte des Krankenhauses vorbei. Draußen standen die beiden Sanitäter und rauchten. Als sie Klaus sahen, winkten sie fröhlich und hielten ihre halbgerauchten Kippen in die Höhe. Danke. Die Behandlung war für Masochisten wirklich perfekt in dem Etablissement.
Nach dem Röntgen wurde Klaus in einen Warteraum geschoben und kurz danach erschien ein junger, extrem motivierter Assistenzarzt, der, dem Namen nach zu urteilen, aus einem benachbarten, osteuropäischen Land stammte. Mit den Röntgenbildern in der Hand trat er neben das Bett, hielt die Fotos gegen das Licht und meinte: „Hmmm.“ (Fangen Ärzte eigentlich jeden Satz mit“ Hmmm“ an?) „Also, Sie haben sich das Schienbein kurz unterhalb des Knies gebrochen und das Wadenbein knapp über dem Knöchel“ Klaus war schon froh, das der Arzt nicht „wir haben uns was gebrochen“ sagte, schaute aber interessiert auf die Aufnahmen. „Herr Doktor,“ meinte er dann, „Wäre es nicht besser, die Bilder andersherum zu halten? Dann wäre das Knie oben und der Knöchel unten, oder haben die Damen falsch herum geröntgt?“
Betretenes Schweigen auch der Schmerzschwestern war die Folge. „Oh! Ah ja. Ein kleiner Fehler. Sie haben natürlich recht.“ Klaus wollte gar nicht daran denken, was ein großer Fehler dieses jungen, extrem motivierten Arztes auslösen könnte. Klar war jedenfalls, dass das Schienbein kurz über dem Sprunggelenk spiralförmig zerbrochen, und das Wadenbein knapp unter dem Knie abgebrochen war. Prima. Soviel zum Thema Bitumenfugen......
Inzwischen war auch schon der Chefarzt auf dem Weg zum Krankenhaus, Klaus war ja Selbstständig und demzufolge privat versichert, allerdings ohne die spezielle Zusatzversicherung, die eine Chefarztbehandlung einschloss. Das war aber in dem Moment nichts, womit er sich befasste, er machte sich Gedanken darüber, wie er nach Hause kommen sollte. Ju war immer noch der Meinung, er solle sich in dem Krankenhaus operieren lassen und dann, mit versorgtem Bruch, nach Hause transportieren lassen. Er war andere Meinung, weil er sich nicht wohlfühlte. Er wollte heim, ins Krankenhaus zuhause. Während die beiden darüber redeten ,ging die Tür zu dem Raum auf, in dem das Bett stand und der Chefarzt trat ein. Ihm eilte eine Fahne voraus, wie sie von hochprozentigem Schnaps verursacht wird, den man am Samstagvormittag gerne in größeren Mengen zu sich nimmt......Als er an das Bett trat, erkannte Klaus die Krater in der geröteten Nase des Mannes, tief genug, um ein hervorragendes Gelände für ein Supercross Spektakel zu stellen.
Ju sah Klaus fest in die Augen und sagte:“ Du kommst mit heim!“
Der Chefarzt konnte auch keine andere Diagnose stellen als Klaus und nun war die Frage: Dableiben, in den Händen der schrecklichen Schwestern, des noch nicht ganz sicheren Assistenzarztes und Dr. Jim Beam oder so schnell wie möglich (haha, mit einem 80km/h Wohnmobil) nach Hause, in sichere Gefilde.
Keine Frage, eigentlich. Heim. So bald wie möglich. Also bekam Klaus neben einem aufklärenden Vortrag, der sich um die Gefahren eines verschleppten Bruches drehte, einen Transportgips, der sich um den Fuß und das gesamte Bein legte und nach Aushärtung von unten bis oben aufgesägt wurde, um Platz für die kommende Schwellung zu schaffen. Dann ging es wieder raus in den Rettungswagen, wieder ohne Zigarettenpause, die Sanitäter sollten ja so schnell wie möglich wieder an der Strecke sein. Jetzt geschah das nicht erwartete. Die Sanis reichten Klaus eine leere Coladose nach hinten und meinten, bei geöffnetem Seitenfenster könne er rauchen.........
Zum Erstenmal an diesem Tag war Klaus einigermaßen zufrieden. Unbezahlbar hingegen waren die Blicke der Passanten, die den Rauch aus dem Fenster quellen sahen.....
Zurück im Fahrerlager wurde Klaus auf der Campingliege platziert, die barmherzigen Samariter verabschiedeten sich und Ju machte sich auf den Weg, einen Fahrer für den Heimweg zu finden. Klaus wollte nicht, dass Ju die ganze Strecke allein fahren musste und hoffte auf Uwe, einen Freund aus Dortmund. Der erklärte sich auch bereit, den panischen Krankentransporter zu steuern, allerdings erst am nächsten Tag, er hatte schon dem Gerstensaft zugesprochen und fühlte sich nicht in der Lage, den weiten Weg unbeschadet zu meistern. Also stand Klaus eine gemütliche Nacht in Gips bevor.
Am Sonntagmorgen war es dann soweit, die Heimreise wurde angetreten. Nachdem noch der große Bruder per Mobiltelefon um Hilfe gebeten war, konnte es losgehen. Uwe würde den Transport bis Dortmund übernehmen, der große Bruder sollte dort übernehmen und Ju den PKW des Bruders nach Hause steuern. So musste keiner irgendwelche Fußmärsche machen oder sonstige Unannehmlichkeiten erleiden. Keine zusätzlichen jedenfalls. Für die lange Fahrt war Klaus mit diversen Schmerzmitteln und ein paar Flaschen Bier hervorragend gerüstet, er war Guter Dinge. Uwe brauchte ein paar hundert Kilometer um sich mit der etwas hakeligen Schaltung und dem störrischen Blinkerschalter anzufreunden, aber irgendwann klappten die Gangwechsel prima und die Blinkerbirne machte den Langzeittest. Im strömenden Regen erreichten sie das stockdunkle Dortmund, nach einigen Telefonaten trafen sie den großen Bruder. Klaus verabschiedete sich von Uwe und dankte ihm, dann ging es weiter. Gegen 23:00 erreichten sie das Krankenhaus, ein Rollstuhl wurde organisiert und Klaus in die Notaufnahme geschoben. Der diensttuende Arzt macht ihm erst mal heftigste Vorwürfe und wollte von Inkompetenz nichts wissen. OK, er hatte ja auch 2 gesunde Beine und war selber Arzt. Eine Krähe hackt der anderen halt kein Auge aus. Die Aufnahme wurde abgewickelt, Klaus bekam ein Bett, Schmerzmittel per Tropf und verabschiedete sich von Ju. Am nächsten Morgen sollte er operiert werden. Der Transportgips klaffte inzwischen mehr als 5 Zentimeter auseinander.......
Am Montagmorgen ging es in den OP, am Donnerstag verließ Klaus das Krankenhaus.

Wieder am Start

Endlich war es soweit. Nach fast zweijähriger Abstinenz wollte und durfte ich mit Rasmus wieder an einem Rennen teilnehmen. Zuletzt hatte ich im April auf Rasmus gesessen und mir bei einem Training dank defekter Bremse bei einem Sturz die Hand gebrochen. Jetzt sollte es also wieder soweit sein. Ich hatte die Bremse repariert und Rasmus am Wochenende vorher bei Ingo vorbereitet. Nun ging es los, ich hatte bis zum Mittag gearbeitet und anschließend die nötigen Utensilien in den Omega gepackt. Um halb fünf am Freitagnachmittag traf ich bei Ingo ein und lud Rasmus auf den Anhänger. Ich war aufgeregt wie noch nie vorher und konnte es gar nicht erwarten, endlich loszulegen. Endlich angekommen, die Akkreditierungsunterlagen erledigt, ich wollte und sollte ja am Sonntag auch noch Bericht erstatten, und dann rein in das Fahrerlager. Mein suchendes Auge fand ziemlich schnell den Wohnwagen von Diefe und wir parkten gleich gegenüber. Nach einer kurzen Begrüßung der Forumsfreunde, auch zärtlich „Hackfressen“ genannt, luden wir unsere Motorräder aus und ab. Mit etwas Geduld gelang es mir dann auch, meine Rennunerfahrenen Freunde zur Papierabnahme zu locken um die Formalitäten zu erledigen. Nachdem dies geklärt war wickelten wir noch schnell die technische Abnahme ab, wo mir wieder einmal erzählt wurde, dass die Endtöpfe von Rasmus aber gar nicht regelkonform seien und ich da etwas machen müsse, wenn ich noch lange mit ihm starten wolle. Ich beruhigte den Kommissar mit der Ankündigung, dies sei sowieso das letzte Rennen für den alten Mann. Er klebte seinen Aufkleber auf und entließ mich.
Dann bauten wir noch unser Zelt, Tisch und Bänke auf und gingen dazu über, das mitgebrachte Bier zu vernichten, wobei wir sehr erfolgreich waren. Nachdem wir dann noch ein paar Steaks und Würste verzehrt hatten, begaben wir uns auf einen Rundgang durch das Fahrerlager. Der Abend war lustig und leider auch sehr lang. Am Samstagmorgen war mir überhaupt nicht nach Motorrad fahren, obendrein hatte ich inzwischen einigermaßen Bauchgrimmen und kam zu der Überzeugung, ein Training oder zwei hätten mir vorher bestimmt gut getan. Allerdings hatte ich sowieso keine Zeit in den letzten Wochen zum trainieren. Ich ließ das erste freie Training ausfallen, ein Versuch hätte dumm enden können. Ich vertraute auf meine Erfahrung und Rasmus. Während ich versuchte, in Stimmung zu kommen, schaute ich den anderen beim wemsen zu. Langsam wurde ich entspannter, ein altbekanntes Gefühl ergriff mich, mein Wemserherz begann zu klopfen. Ich war bereit, aufzusteigen und es zu versuchen.
Endlich war es soweit. Ich zwängte mich in den Lederkombi und machte einige Dehnübungen. Irgendwie musste ich meinem Körper in dem Kostüm Platz verschaffen. Der Gedanke an eine Diät wollte sich nicht vertreiben lassen....
Ich setzte trotzdem den Helm auf und zog die Handschuhe an. Rasmus sprang beim dritten Tritt an und vibrierte vor Freude. Ich stieg auf und rollte Richtung Vorstart. Im Vorstart erwartete mich der coolste Vorstartdrache, den es gibt. Die Frau lacht fast nie und hat den „Blick“ drauf. Sie kann Supermotofahrer mit den Augen töten, macht sie aber nicht. Jeder weiß das und benimmt sich. Wenn SIE den Vorstart macht, lässt keiner seinen Motor laufen, keiner rülpst oder furzt, keiner atmet. Totale Disziplin. Ich finde diese Frau, deren Namen ich leider nicht kenne, einfach toll. Ich fühlte mich gleich wohl im Vorstart und stellte mich ordentlich hin. Kurz darauf ging es auch schon los. Verdammte Scheiße, ich hatte jetzt richtig Angst. Wie kann man auf die schwachsinnige Idee kommen, ohne irgendein Training zum Rennen zu melden? Ich rollte auf die Strecke und versuchte, die Hebel an Rasmus irgendeiner Funktion zuzuordnen. Wenn ich oben rechts ziehe, werde ich langsamer, wenn ich oben rechts drehe, werde ich schneller. Verdammt schneller! Diese Gerade sieht so lang aus, wenn man um die Ecke kommt, und jetzt ist sie schon zuende und ein riesiger Berg taucht vor einem auf. OK, ich ziehe oben rechts, trete unten rechts drauf (davon wird man auch langsamer) und trete unten links zweimal drauf (auch das verlangsamt, lässt aber das Hinterrad so komisch pfeifen und ausbrechen!) Und schon stehe ich fast, und die Kurve ist noch meilenweit entfernt. Hmmm. Später ziehen und treten, dafür dosiert, scheint der Trick zu sein. Werde ich in der nächsten Runde versuchen. Jetzt erst mal wieder oben rechts drehen und dann links abbiegen, schön vorsichtig, in der Kurve hab ich mir mal die Hand gebrochen. Naja, die Kurve konnte nix dafür, muss ich zugeben. Weiter geht’s. In einem langen Linksbogen rum, kurz rechts schwenken, wieder links und dann geht es in den Offroad. Gleich am Anfang ein kleiner Sprung, total winzig und ich rolle sicherheitshalber mal drüber. In der folgenden Rechtskurve ist zum Glück ein Anlieger, an dem ich mich festhalten und auf den Table zufahren kann. Meine Fresse! Sind die bescheuert? Warum steht die Eiger Nordwand im Bremgarten? Ich kämpfe mich diesen Steilhang hinauf und auf der anderen Seite die kilometerlange Abfahrt hinunter. Der zweite Sprung lauert schon, ich hebe ein bisschen ab und rolle hinten wieder hinunter. Jetzt rechts um die Ecke, ich habe kein Vertrauen in den Boden und meinen Reifen und eiere um’s Eck, als ob Glatteis wäre. Den direkt folgenden Hügel fahre ich schräg hinauf und gebe oben mächtig Gas, um wenigstens hinunter hüpfen zu können. Und das war noch nicht alles, es kommt noch ein Sprung, den ich auch in 10cm Höhe überspringe. Einmal noch eine Linkskurve im Dreck, wieder abheben und endlich bin ich wieder auf festem Boden. Die Linkskurve ist mit Rasmus richtig Arbeit, der alte Kerl ist etwa 2 Meter lang und mag keine Kurven. Ich zwinge ihn trotzdem herum und schaffe das Eck. Dann geht es mit Gas locker rechts herum, Rasmus keilt mit dem Heck aus und will das Vorderrad lupfen. Ich kämpfe mit Gewichtsverlagerung gegen diesen Trieb und kriege ihn irgendwie unter Kontrolle. Die nächste Linkskurve schaffen wir auch und dann geht es einmal rechts und ziemlich flott links ums Eck. Auf der Bodenwelle ein paar Meter weiter hebt Rasmus wieder das Vorderrad, ich trete aber unten links und rechts, es geht nämlich schon wieder um die Ecke. Links herum in einem relativ großzügigen Bogen um dann rechts herum wieder auf die Startgerade einzubiegen. Ich reiße das Gas (oben rechts) richtig auf und Rasmus brüllt und schießt vorwärts. Ich habe die erste Runde geschafft, keinen Hebel verwechselt und mich nicht verletzt. Fein. Jetzt kann es losgehen. In der zweiten Runde fängt Rasmus an zu stottern und verweigert die Gasannahme. Am Ende der Startgeraden halte ich an, um nachzusehen, was ihm fehlt. Getankt hatte ich reichlich, ich war etwas verunsichert. Als ich anhalte geht Rasmus aus und lässt sich auch mit beherzten Tritten nicht dazu bewegen, etwas zu sagen. Also schiebe ich ihn zurück ins Fahrerlager.........
Auf dem Weg zurück zum Auto begegne ich schweratmend und mit hochrotem Kopf Dagmar, einer guten Freundin, die ich mit ihren Kindern eingeladen hatte. Tolle Situation. Ich bin genervt, völlig derangiert und der Besuch steht vor der Tür. Ich winke ihnen zu, sie sollen mir folgen, sprechen kann ich ja nicht mehr. Am Auto angekommen gebe ich irgendwelche Zeichen und setze den Helm ab. Ich stammle irgendwas und küsse die liebe Dagmar. Schon geht es mir etwas besser, ich denke kurz darüber nach, sie noch einmal zu küssen, lasse den Gedanken aber schnell wieder los, wer weiß, auf welche Gedanken ich dann noch komme. Besser ist es, sich jetzt Rasmus zu widmen. Ich baue Sitzbank und Tank ab, während ich Dagmar die Unbill schildere. Sie fragt mich etwas scheu, ob vielleicht die Zündkerze? Ich verneine, Rasmus fühlte sich an, als ob kein Sprit ankommt. Ich vermute Schmutz in der Schwimmerkammer. Also Tank runter, Schwimmerkammer weg: sauber! Düse raus: sauber! Ich runzle meine staubige Stirn. Inzwischen sind die anderen auch fertig und kommen zurück. Pi erklärt sich gleich zu meinem Chefmechaniker und fragt nach der Kerze....
Er greift an den Kerzenstecker und fragt mich, ob ich den schon ab hatte. Ich verneine, er wundert sich, steckt den Kerzenstecker wieder auf die Kerze und grinst. Der Stecker hält nicht! Irgendwas ist kaputt an dem dreizehn Jahre alten Bauteil, er hält nicht auf der Kerze, springt immer wieder ab. Gut. Fehler gefunden, wie beseitigen? Pi ist noch fit und tritt die Fahrerlagerrunde an. Ich warte und flirte mit Dagmar und ihren Kindern. Was soll ich sonst tun? Jahre später kommt Pi zurück, abgelatschte Schuhe, Vollbart, um 20 Kilo leichter und um 30 Jahre gealtert. Kein Kerzenstecker. Wir versuchen, mit Tüddeldraht irgendwas zu tüddeln, aber es klappt nicht richtig. Pi schaut mich an, sein Blick fleht „Bitte nicht noch einmal“ aber ich bleibe hart und sende meinen Mechaniker erneut aus, adäquaten Ersatz zu finden. Dagmar macht mir erneut Vorschläge. Ich sollte sie vielleicht doch noch mal küssen, dann kann sie wenigstens nicht reden und ich wäre abgelenkt......Schlechte Idee, die Vorschläge sind so verkehrt nicht und wenn ich sie noch einmal küsse, bin ich total aus der Spur. Ein Mann muss Opfer bringen für sein Hobby.
Pi ist wieder da, sieht aus wie sein eigener Urgroßvater und grinst. Er hält 2 Kerzenstecker in der Hand und redet auf mich ein. Leider spricht er so schlimmes Schwyzerdeutsch, dass ich kein Wort verstehe. Ich habe ihn trotzdem lieb, man soll Menschen nicht wegen eines Sprachfehlers diskriminieren. Er hält mir beide Stecker hin, ich Tippe auf einen, in der Hoffnung, den billigeren zu erwischen. Ich weiß bis heute nicht, woher sie stammen und was sie kosten sollen. Der Auserwählte wurde eingebaut, ich trat Rasmus ein bisschen und er lief........


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 14.02.2008 20:35 
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DRZ-Platinuser
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Registriert: 25.06.2006 12:48
Beiträge: 1110
Wohnort: Schwoabaländle
Das mit dem linken Fuß inkl. Schien und Wadenbein, kenn ich irgendwo her... :roll:

Tolle Geschichte....mehr bitte

Gruß MotoX

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-=FUN IS NOT A STRAIGHT LINE=-
Abends ARONAL, Morgens ELMEX...Mal was riskieren!!!


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 12.03.2008 14:20 
Sehr schön zu lesen. Bitte mehr !!!


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