Hallo Jan,
Jan1905 hat geschrieben:
hab da mal ne doofe frage: bringt es eigentlich leistungsmässig was, sich nur nen anderen krümmer zu kaufen und den original-endtopf zu behalten? und wenn ja, wieso? (bei gleicher einlass und auslassgrösse).
Erstmal kurz und emotionslos
Der Krümmer bestimmt zusammen mit dem Endschalldämpfer das Schwingungsverhalten der Abgassäule. Diese Schwingungen können den Gaswechsel (und damit letzendlich die Leistung) bei bestimmten Drehzahlen erleichtern oder erschweren. Wichtigster Parameter zur Beeinflußung des Schwingungsverhaltens ist die Krümmerlänge.
Jetzt mal ein bisschen ausführlicher (Ich will mich beim Gaswechsel mal auf die Abgasseite beschränken.)
Was passiert eigentlich nach der Verbrennung mit dem Abgas? Sobald die Auslaßventile öffnen, fetzt eine Druckwelle mit Schallgeschwindigkeit durch den Krümmer. Diese Druckwelle wird irgendwo im Auspuff reflektiert und kommt (abgeschwächt) zurück. Jetzt ist es von entscheidender Bedeutung, wann die Druckwelle zurück kommt: Bevor das Auslaßventil schließt, öffnet bereits das Einlassventil (Ventilüberschneidung). Stell dir vor, die Druckwelle kommt genau in dem Moment an. Dann muß sich das mühsam in Bewegung gesetzte Frischgas erstmal gegen diese Druckwelle vorkämpfen – ist doch einfach scheiße
Aber jetzt stell dir mal vor, das Einlassventil öffnet bevor die Druckwelle zurück kommt (Auslaßventil ist auch noch geöffnet, Ventilüberschneidung). Dann wird das Frischgas durch den im Auslaß noch vorhandenen Unterdruck beim Einströmen unterstützt. Und nicht nur das, es wird sogar Frischgas in den Auslaß gesaugt. Furchtbar für die Abgaswerte, könnte man denken. Aber stell dir mal vor, kurz bevor das Auslaßventil schließt, kommt endlich die Druckwelle angesaußt und pfeffert das ganze Frischgas zurück in den Zylinder, wo es hingehört. Perfektes Timing, auf diese Weise ist nämlich mehr Frischgas in den Zylinder geströmt, als ohne die Ventilüberschneidung und die reflektierte Druckwelle reingekommen wäre. Diesen Effekt kann man als
„Rückladung“ bezeichnen und er spielt vor allem beim Zweitakter eine Rolle, Stichwort Resonanzauspuff. Dort sorgt die Rückladung für gut und gerne 20-30% Leistungssteigerung. Beim Viertakter ist die damit verbundene Leistungssteigerung deutlich geringer, eine konkrete Zahl ist mir nicht bekannt, bei normalen Ventilüberschneidungszeiten wahrscheinlich so 3-5%.
Fast genau der gleiche Effekt (die Reflektierte Druckwelle) findet übrigens auch im Ansaugtrakt statt. Im Idealfall katapultiert die im Lufikasten reflektierte Welle noch mal einen ordentlichen Schwall Frischgas in den Zylinder, bevor das Einlaßventil schließt. Dieser Effekt nennt sich
dynamische Selbstaufladung und kann die Motorleistung beim Viertakter um 10-15% erhöhen.
Was hat der Krümmer mit alldem zu tun. Ganz einfach: die Zeit, die die Welle zum zurücklaufen braucht, hängt ab von der Schallgeschwindigkeit des Abgases und von der Krümmerlänge. Auf die Schallgeschwindigkeit haben wir als Hobbyschrauber nicht wirklich Einfluß

wohl aber auf die Krümmerlänge
Und dann haben wir natürlich noch einen Einfluß auf die Drehzahl, die ja über die Zeitdauer der Ventilöffnung entscheidet. Da diese Öffnungszeit bei jeder Drehzahl anders ist, müssten wir eigentlich zu jeder Drehzahl eine andere Krümmerlänge verwenden, um das Timing perfekt zu erwischen. Geht aber irgendwie schlecht. Wir müssen uns also entscheiden, bei welcher Drehzahl wir den Effekt am liebsten haben. Bei der DRZ haben die Konstrukteure entschieden, dass der Effekt bei mittleren Drehzahlen wirken soll (gibt einen fülligeren Drehmoment verlauf). Deshalb hat man den Krümmer künstlich verlängert, dieser komische Bogen am Anfang. Wenn man radikal auf Spitzenleistung trimmen will, dann sollte der Krümmer kürzer sein. Leistung ist nämlich Drehmoment mal Drehzahl. Wenn man das Drehmoment nicht mehr steigern kann, dann steigert man eben die Drehzahl. Bei hoher Drehzahl ist aber das Auslaßventil nur ganz kurz geöffnet und damit die reflektierte Druckwelle rechtzeitig zum Ladenschluß wieder zurück ist, sollte man kurze Wege schaffen und den Krümmer entsprechend gestalten. Z.B. der CRD-Krümmer und der SR-Racing-Krümmer sind so kurze Kandidaten.
Man kann also schon an der Form vom Krümmer erkennen, wofür der gedacht ist (eher fülliger Drehmomentverlauf oder Maximalleistung).
So, das war jetzt eine stark vereinfachte Erklärung, die Wirklichkeit ist ein bisschen komplizierter. Der Motor pufft ja nicht nur einmal das Abgas aus, sondern periodisch, dadurch bildet sich im Auspuff eine stehende Longitudinalwelle, wodurch noch ganz andere Effekte zu berücksichtigen sind. Die Eigenfrequenzen der Schwingung werden aber wieder über die Krümmerlänge beeinflusst. Außerdem wird die Welle nicht nur einmal reflektiert sondern an jedem Querschnittsübergang oder an jedem Prallblech. Dabei ist auch wichtig, ob die Reflexion am offenen Ende, also in Phase erfolgt, oder am geschlossenen Ende um pi phasenverschoben. So kommt der Endschalldämpfer ins Spiel: ein Reflexionsschalldämpfer reflektiert anders als ein Absorptionsschalldämpfer.
Eigentlich müsste der Endschalldämpfer haarklein auf die Steuerzeiten und die Krümmerlänge vom Mopped abgestimmt sein. Den Aufwand kann natürlich kein Zubehöranbieter treiben Deswegen sind so Standardanlagen wie z.B. der LeoVince X3 für alle Moppedtypen gleich aufgebaut und wird nur über den Anschluß an das jeweilige Mopped montagemäßig angepasst. Ob der Auspuff jetzt in einem günstigen Drehzahlbereich unterstützend wirkt oder eher hemmt, ist purer Zufall. Wenn man sich unabhängige Auspufftests anschaut, ist meistens der Originaldämpfer der beste - solange man voraussetzt, dass der Zubehörauspuff nicht lauter ist! So holen die Zubehöranbieter dann doch wieder mehr Leistung als der Originale. Mir ist bis heute ein Rätsel, wie z.B. der Akrachovic es immer wieder schafft, ein E-Prüfzeichen zu bekommen
Gruß
Theo