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http://www.drehzahlkoenig.de/index.php/ ... o-logisch/Ein Motorrad mit Akoholantrieb? Absolut keine Schnapsidee! Die Firma Pirate Racing rüstete eine Suzuki RMX 450Z auf umweltfreundliches Ethanol um und holte ganz nebenbei auch noch deutlich mehr Leistung raus.
Für uns ist es selbstverständlich, Benzin in den Tank zu schütten. Am liebsten mit 98 Oktan, es könnte ja noch ein bisschen mehr Leistung dabei raus kommen. Wer weiß denn schon noch, dass Nikolaus Otto, der Erfinder des Verbrennungsmotors, Äthylalkohol aus Kartoffeln verwendet hat, um den Kolben anzutreiben?
Michael Bongen, Chef der Tuning-Schmiede Pirate Racing in Pulheim-Brauweiler, wusste es. Er stellte sich deshalb die Frage, warum nicht umweltfreundlich bei gleichzeitiger Leistungssteigerung fahren? Klar, klingt jetzt erst Mal ein bisschen gewöhnungsbedürftig: Alkohol in den Motor! Nein, mit Bier funktioniert das (zum Glück) nicht. Es ist Ethanol, also das Zeug, worüber sich vor gar nicht allzu langer Zeit ganz Deutschland aufgeregt hat, weil es als E10 zwangsweise zehnprozentig ins Benzin gemischt wurde.
In vielen anderen Teilen der Welt ist Ethanol als Sprit aber ganz selbstverständlich. Allein in Brasilien fahren die Hälfte aller Autos und elf Millionen Motorräder mit 25 Prozent Ethanol im Benzin (E25) herum. Übrigens aus Zuckerrohr gewonnen, und da sind wir jetzt beim Knackpunkt: Das Zeug wächst nach, im Gegensatz zu Öl! Bei uns in Deutschland sind es vor allem Getreide und Zuckerrüben, aus denen Ethanol gewonnen wird – vom Acker direkt vor unserer Haustür.
Bongen setzt sogar auf E85, also 85 Prozent Ethanol mit nur 15 Prozent Benzinanteil. Letzteres ist hauptsächlich deshalb beigemischt, weil sich das Kaltstartverhalten verbessert. Für Tuner ist Ethanol eigentlich ein Traum: Es hat 115 Oktan, als E85 immer noch etwa 105 Oktan. Das heißt, die Verdichtung kann deutlich erhöht werden. Pirate Racing nahm sich eine Suzuki RMX 450Z zur Brust. Das ist eine Sportenduro, aber als Demonstrationsobjekt so gut wie jedes andere Motorrad.
Bongen tauschte den Original-Kolben gegen ein Exemplar von Wössner und erhöhte die Verdichtung von 11,6:1 auf 13,5:1. Ganz wichtig ist dabei die Programmierung des neuen Steuergeräts, das – wie Bongen betont – nichts mehr mit der Original-CPU zu tun hat. Er hat schon reichlich Erfahrung im Programmieren von Steuergeräten diverser Motorrad-Modelle, egal ob Straßen- oder Geländemaschinen. Auf dem hauseigenen Prüfstand stimmte er die Motorelektronik akribisch ab. Schließlich tauschte er noch den Serien-Endschalldämpfer der Suzuki gegen ein Doma-Exemplar. Der bringt zwar nicht mehr Leistung, aber der maximale Geräuschpegel liegt bei nur 93 dB. „Auch übertriebene Lautstärke ist unserem Sport abträglich“, erklärt Bongen die Maßnahme.
Heraus kamen eindrucksvolle 54,4 PS, das sind 5,1 PS mehr als der Serienmotor mit Super Plus-Benzin erreicht! Dabei liegt die Leistungskurve bis zum Gipfel deutlich über der ursprünglichen. Vor allem aber fährt die Suzi dabei auch noch umweltfreundlich, die Schadstoffemissionen sinken beträchtlich: Schwefelverbindungen um 80 Prozent, Kohlenmonoxid um 40 Prozent, Feinstaubbelastung um 20 Prozent, Kohlendioxid um 15 Prozent und Stickoxide um zehn Prozent.
Klingt erst mal gut, aber wie macht sich die Ethanol-450er in der Praxis? Zur Feinabstimmung des Motor-Mappings schwingt sich Nico Braunsfeld, Testfahrer von Pirate Racing und seines Zeichens erfolgreicher Cup-Fahrer, auf der Motocrossstrecke in Grevenbroich auf die Suzuki. Bereits beim ersten Probelauf zeigt er sich beeindruckt: „Der Motor hat schon viel Druck bei niedrigen Drehzahlen und zieht sauber bis an den Drehzahlbegrenzer durch. So hat man immer genügend Leistungsreserven, selbst im hohen Gang.“ Bongen korrigiert bei jedem Boxenstopp immer wieder Nuancen in der CPU per Laptop. Am Ende liegt Nico mit der RMX nur knapp über den Zeiten, die er mit seinem reinrassigen Crosser KTM 350 SX-F in den tiefen Sand zaubert. Wohlgemerkt mit dem serienmäßigen Enduro-Fahrwerk der Suzuki! Das satte Drehmoment von 51,8 Nm (Serie: 47,2 Nm) macht es möglich.
Gibt es gar keine Nachteile bei der Sache? „Nur einen kleinen“, erläutert Bongen. „Da Ethanol einen geringeren Heizwert hat als Benzin, muss das Gemisch fetter angereichert werden, der Motor verbraucht also mehr. Aber da E85 rund ein Drittel weniger kostet als Superbenzin fällt es gerade im Motocross kaum ins Gewicht, ob man etwas mehr auf der Strecke verbraucht.“
E85 gibt es zwar nicht an jeder Tankstelle, aber dank einiger Webseiten lässt sich fast immer im näheren Umkreis eine passende Zapfstelle finden.
Bedenken, das Ethanol könnte das Öl im Motor lösen, zerstreut die Firma Motul, mit der Bongen bei der Entwicklung eng zusammengearbeitet hat. Bei modernen Ölen passiert das nicht mehr. Auch wenn bis heute nie Probleme aufgetaucht sind, empfiehlt Motul allerdings die Ölwechselintervalle zu halbieren.
Jetzt kommt der eigentliche Hammer: Man könnte sein eigenes Ethanol zuhause herstellen, etwa aus Biokompost aus dem eigenen Garten. Dafür bräuchte man nur eine Destille, die es für ein paar hundert Euro im Internet zu kaufen gibt. Leider hat der Gesetzgeber da was gegen. Wegen des Branntweinmonopols des Staates ist die private Herstellung von Alkohol verboten. Immerhin wird dieses Gesetz – das es nur in Deutschland gibt – ab 2018 abgeschafft, weil es gegen die Regeln des EU-Binnemarkts verstößt.
Kann jedes Modell mit Einspritzung auf Ethanol umgestellt und leistungsgesteigert werden? „Natürlich“, bestätigt Bongen. „Es ist hauptsächlich eine Frage der sauberen Abstimmung des neuen Steuergeräts, da das alte Mapping nicht verwendet werden kann.“
Die Kosten für den Umbau der Suzuki belaufen sich auf rund 900 Euro für das Steuergerät, den Kolben und die Dichtungen, allerdings ohne die Arbeitskosten. Wenn man bedenkt, dass andere über tausend Euro für eine komplette Auspuffanlage ausgeben und dabei kaum mehr Leistung erreichen, ist das Angebot von Pirate Racing eine echte Alternative.
Ach ja, eine Vorteil haben wir noch vergessen zu erwähnen: Beim Tanken muss man nicht mehr Benzindämpfe schnüffeln.
Kontakt:
Pirate Racing
Sachsstr. 28
50259 Pulheim-Brauweiler
Tel.: 02234/995151
www.pirateracing.de